Pöttschinger Dialog "Grenzen überschreiten"

Der 4. Pöttschinger Dialog fand am 20. Juni am Fondsgut in Lichtenwörth statt und wieder kamen über 100 Interessierte, um Susanna Steiger-Moser beim „Grenzen überschreiten“ zuzuhören. Zunächst referierte sie über das Fondsgut selbst und seine immense Bedeutung als Arbeitgeber für viele Pöttschingerinnen und Pöttschinger, die dafür natürlich eine Grenze – jene zwischen Österreich und Ungarn – überschreiten mussten.

Pöttschinger Dialog FondsgutAuch der Wr. Neustädter Kanal hätte diese Grenze überschritten, wäre der Pöttschinger Ast tatsächlich gebaut worden. Der Plan war zunächst, durch diesen Kanal Wien mit Triest und somit mit der Adria zu verbinden – ein utopisches Vorhaben. Lediglich die Strecke von Wien bis Wr. Neustadt wurde tatsächlich umgesetzt, und dann ein Ast weiter bis an die ungarische Grenze, also bis nach Pöttsching. Dort war endgültig Schluss, obwohl geplant war, diesen Ast zumindest bis Brennbergbánya fortzusetzen, um die dort abgebaute Braunkohle nach Wien transportieren zu können. Ganze 21 Schleusen wären von Pöttsching bis Krensdorf notwendig gewesen, und Pöttsching als Ortschaft hätte sich vollkommen anders entwickelt. Zur Zeit der Planung – um das Jahr 1810 – bestand Pöttsching nur aus der Hauptstraße mit Hintaus und einigen Häusern in der Eisenstädter Straße. Der Kanal wäre vom Fondsgut zunächst entlang des Güterweges verlaufen, dann Richtung Südosten abgebogen und hätte die heutige Ortschaft ungefähr auf Höhe der Neubaugasse „durchschnitten“ (die es damals natürlich noch nicht gab). Dann wäre der Kanal südlich der Hauptstraße weiter nach Krensdorf verlaufen. Wie würde Pöttsching wohl heute aussehen, wäre der Kanal tatsächlich realisiert worden?

Pöttschinger Dialog Fondsgut

Zum Abschluss des wirklich interessanten Vortrages erzählte Susanna Steiger-Moser noch von einem weiteren Grenzgänger: Tibor Szamuelly. Als führender Kommunist musste er 1919 nach dem Sturz der kurzlebigen ungarischen Räterepublik nach Österreich flüchten. Da er die Grenze (die Leitha) illegal überquert hatte, wurde er von den österreichischen Behörden aufgegriffen und zum Gendarmerieposten nach Lichtenwörth gebracht, wo er verstarb. WIE er verstarb, ist bis heute nicht geklärt – die Österreichischen Behörden sagen, er habe sich mit seinem eigenen Revolver das Leben genommen, die Ungarischen Behörden sagen, er wurde von den Österreichern zu Tode gefoltert. Jedenfalls wurde seine Leiche zurück nach Ungarn gebracht und irgendwo auf dem Pöttschinger Hotter verscharrt und mit einem Stein markiert. In den 1950ern wollte dann die kommunistische Ungarische Regierung ein Denkmal und Ehrengrab für Szamuelly errichten, weshalb sie seine sterblichen Überreste haben wollte. So kam eine ungarische Delegation ins mittlerweile österreichische Pöttsching und beauftragte eine Gruppe Einheimischer mit der Suche nach Szamuellys Ruhestätte. Man fand einen Stein, man fand darunter ein Skelett und übergab dieses den Ungarn. Ein österreichischer Archäologe stellte jedoch später fest, dass dieser Stein aus der römischen Zeit stammte …und so wurde wohl ein römischer Soldat in Tibor Szamuellys Ehrengrab bestattet.

Pöttschinger Dialog Fondsgut

Der nächste Pöttschinger Dialog findet am Di. 18. Juli um 19.00 Uhr bei den „Festen Anlagen“ am Rande des Scheibenwaldes Richtung Lichtenwörth statt. Oberst Dr. Andreas Steiger erzählt uns über Pöttsching im Kalten Krieg, vor allem während der Ungarnkrise 1956. Oberstleutnant Mag Oliver Pap und Vizeleutnant Christian Schmit machen dann eine Führung durch eine Bunkeranlage – Taschenlampe mitnehmen!

Kommen Sie zu Fuß oder mit dem Rad (der Bereich wird ausgeschildert!) und bitte wenn möglich nicht mit dem eigenen PKW. Die Gemeinde bietet auch wieder einen Shuttle-Dienst an – bitte melden Sie sich dafür am Gemeindeamt unter post@poettsching.bgld.gv.at oder unter 02631 2225 an. Abfahrt ist um 18.40 Uhr bei der Gmoabus-Haltestelle in der Seestraße.

21.06.2023